JAHRESKREIS
24. WOCHE - MONTAG
4
Der
Glaube des Hauptmanns
Die Demut
ist das Erdreich des Glaubens.
Wachsen im Glauben.
Demütige wissen um die Gefährdungen des Glaubens.
Als Jesus diese Rede vor dem Volk beendet hatte, ging er nach Kafarnaum,
berichtet das heutige Evangelium. Es wird in der Abenddämmerung gewesen sein.
Jüdische Älteste suchten ihn auf, um sich im Namen eines römischen Hauptmanns
für einen von dessen Dienern, der schwer krank war und den sein Herr
sehr
schätzte,
zu verwenden. Der Schilderung des Evangeliums können wir entnehmen, daß dieser
Hauptmann ein tüchtiger Vorgesetzter und ein guter Mensch war. Er kann nicht nur
befehlen -
sage ich
nun zu einem (meiner Soldaten): Geh!, so geht er, und zu einem anderen: Komm!,
so kommt er ...
-, er hat auch ein weites Herz und nimmt Anteil an den Sorgen der ihm
Anvertrauten - jetzt an der Krankheit seines Dieners. Zudem ist er großzügig -
er hat die Synagoge der Stadt erbauen lassen - und versteht es, die Zuneigung
und Hochachtung der Menschen zu gewinnen. Deshalb sagen seine Abgesandten zum
Herrn:
Er
verdient es, daß du seine Bitte erfüllst, denn er liebt unser Volk.
Das Bewundernswerte an ihm zeigt sich jedoch erst später. Der Herr hat sich auf
den Weg gemacht und nähert sich seinem Hause. Der Hauptmann läßt ihm sagen:
Herr, bemühe dich nicht! denn ich bin es nicht wert, daß du mein Haus betrittst.
Deshalb habe ich mich auch nicht für würdig gehalten, selber zu dir zu kommen.
Sprich nur ein Wort, dann muß mein Knecht gesund werden.
Dieses
Ineinander von Glaube und Demut berührt das Herz Jesu. Christus
war
erstaunt über ihn, als er das hörte. Und er wandte sich um und sagte zu den
Leuten, die ihm folgten: Ich sage euch: Nicht einmal in Israel habe ich einen
solchen Glauben gefunden.
Die Demut
ist die erste Voraussetzung für den Glauben an Christus. Sie ist der Pfad, der
zum Glauben führt, das Erdreich, das sein Wachsen ermöglicht, die Sprache, die
Jesus sofort versteht. Der heilige Augustinus vergleicht sie in einem Kommentar
zu dieser Stelle mit der Tür, durch die Jesus schritt, um von einem Menschen
Besitz zu ergreifen, der ihm eigentlich schon gehörte.
»Du hast
mir anvertraut, wie Du betend vor Gott dein Herz ausgeschüttet hast: >Ich
betrachte, Herr, meine Armseligkeit. Es will mir scheinen, daß sie trotz deiner
Gnade sogar noch zunimmt. Sicher darum, weil ich der Gnade so wenig entspreche.
Ich weiß, daß mir für das Vorhaben, das du von mir erbittest, alle
Voraussetzungen fehlen. In den Zeitungen lese ich von so vielen Menschen, die
angesehen und begabt sind, die Geld haben, reden und schreiben und dies und
jenes organisieren, um deine Königsherrschaft zu verteidigen ... Dann blicke ich
auf mich: ein Nichts, unwissend und arm ..., völlig bedeutungslos ... Wüßte ich
nicht, daß du mich gerade so haben willst, wäre ich verwirrt und beschämt.
Andererseits weißt du, Jesus, wie gerne - mit wieviel Freude - ich meinen
Ehrgeiz dir zu Füßen gelegt habe ... Glaube und Liebe: lieben, glauben, leiden
... Darin möchte ich >reich< und >erfahren< sein, aber nur in dem Maße, das du
in deiner unendlichen Barmherzigkeit für mich bestimmt hast. Ich wünsche mir,
daß mein ganzes Ansehen und meine ganze Ehre nur in einem liegen: darin, daß ich
getreu deinen allgerechten und alliebenden Willen erfülle.<«3
II.
Ich sage
euch: Nicht einmal in Israel habe ich einen solchen Glauben gefunden.
Wie groß muß die Freude des Herrn gewesen sein, daß er mit einem solchen Lob auf
die Worte des Hauptmanns reagierte! Fragen wir uns: Kann der Herr auch mit
unserem Glauben zufrieden sein?
In einer
klassisch gewordenen Aussage unterscheidet der heilige Augustinus verschiedene
Aspekte des Glaubens:
»Deo credere, Deum credere, in Deum credere«4. »Deo
credere heißt: glauben, daß wahr ist, was Gott sagt ...; so
glauben wir auch einem Menschen, während wir nicht >an< einen Menschen glauben.
Deum credere heißt: glauben, daß er Gott ist.
In Deum credere heißt: glaubend lieben, glaubend zu ihm hingehen,
glaubend ihm anhangen und seinen Gliedern zugesellt werden.«5
»Im
Glauben gründet der Mensch seine ganze Existenz auf Gott; er ist ihm Halt und
Inhalt des Lebens. Diese Haltung vertrauenden Glaubens ist nur möglich als
Antwort auf die geschichtliche Offenbarung der Treue und Verläßlichkeit Gottes.
So ist der Glaube immer zugleich personaler Vertrauensglaube und inhaltlicher
Bekenntnisglaube. Erst beide zusammen machen den lebendigen Glauben aus, der von
der Liebe bewegt wird, im Unterschied zum bloßen Fürwahrhalten, dem toten
Glauben.«6
Natürlich
kannte der römische Hauptmann den Inhalt des voll entfalteten Glaubens an
Christus nicht. Aber er verließ sich ganz auf Jesus, und darin war die
Bereitschaft enthalten, vorbehaltlos Ja zu sagen zu jedem Wort, zu jeder Tat des
Herrn. Wie er müssen wir an erster Stelle unsere persönliche Beziehung zum Herrn
frei von jeder Gemütsschwankung machen. Unser Verhältnis zu Gott soll immer
beständiger, immer tiefer werden. Und dazu haben wir das Gebet und die
Sakramente. Gleichzeitig aber müssen wir auch bestrebt sein, die Inhalte des
Glaubens, so wie die Kirche sie uns lehrt, gut zu kennen. Dabei sind die
regelmäßige Lektüre von solider theologischer Literatur, die Teilnahme an
Einkehrtagen oder Vorträgen über den Glauben und ähnliche Bildungsmittel
unerläßlich.
Wenn
beides in uns zusammenwirkt, können wir dem Herrn sagen: Ja, Herr, ich glaube an
dich, ich liebe dich. Weil ich dich liebe, suche ich das Gespräch mit dir, und -
mit dir sprechend - erfahre ich jedesmal genauer, was du von mir willst: daß ich
dich in meinem Alltag suche, daß ich in meinem Kampf nicht nachlasse, so zu
leben, wie du es von mir erwartest: nach deinem Wort, nach deinem Willen, nach
deiner Wahrheit.
Und als die Männer, die der Hauptmann geschickt hatte, in das Haus
zurückkehrten, stellten sie fest, daß der Diener gesund war.
Durch ein
Wunder hat der Herr einem Menschen geholfen. Niemals jedoch wirkt Christus ein
Wunder zu seinem eigenen Nutzen. Als er hungrig war, machte er nicht aus Steinen
Brot, als er durstig war, bat er die Samaritanerin um Wasser.
Vor Herodes, der sich etwas Spektakuläres erhoffte, schweigt er. Seine Wunder
sind Zeichen, und er sagt uns, für was: damit die Menschen
glauben,
daß du mich gesandt hast.
Sie sind gleichzeitig ein Ausfluß der Liebe, die sein barmherziges Herz für die
Menschen empfindet: sind Werke der Barmherzigkeit, die den Menschen an Leib und
Seele helfen. Der römische Hauptmann war Jesus schon sehr nahe, als er ihm
gänzlich vertraute; und dann, nachdem sein Diener geheilt worden ist, wird er
ihm aus ganzem Herzen dankbar gewesen sein. Vielleicht gehörte er später zu den
ersten aus dem Kreis der Heiden, die nach Pfingsten die Taufe empfingen.
Der
Glaube vereint uns mit unserem Erlöser Jesus Christus. Er gibt uns eine
Festigkeit, die jeder Erschütterung standhält. Aber dies ist nur durch Demut
möglich. Sie befähigt uns, unsere Nichtigkeit vor Christus anzuerkennen und ihn
gewähren zu lassen: mag er uns nun gleich helfen oder später oder anders, als
wir es gern hätten.
Nach
Augustinus lassen sich alle Gaben Gottes in einer einzigen Gabe zusammenfassen:
»Den Glauben empfangen und im Glauben ausharren bis zum letzten Augenblick
unseres Lebens.«9 Die Demut läßt uns erkennen, daß wir Christus verlassen und
den Glauben an ihn verraten können. Aber gerade deshalb läßt sie uns um so
beharrlicher die Nähe zum Herrn suchen und die Gelegenheiten wahrnehmen, ihn
besser kennenzulernen. Aus der demütigen Erkenntnis der eigenen Hinfälligkeit
erwächst der Wunsch, sich enger an Christus zu binden: Einerseits durch die
Sakramente und das Gebet, auf der anderen Seite durch eine solide Kenntnis der
Glaubenslehre. Die demütige Annahme der Heilsgnaden, die die Schwächen des
Willens heilen, und das demütige Beugen des Verstandes angesichts der göttlichen
Wahrheit, bewahren uns vor der Heillosigkeit des Stolzes, von dem es in der
Schrift heißt:
Gott
tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade10
Unsere
Liebe Frau ist die vollkommene Verkörperung des Ineinanders von Glauben und
Demut. Das Grußwort Elisabets trifft den Sachverhalt:
Selig ist
die, die geglaubt hat, daß sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
Und Maria ergänzt dieses Wort:
Mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd
hat er geschaut.12
7,1-10. -
vgl. Augustinus,
Predigt
46,
12. -
J.Escrivá,
Im Feuer
der Schmiede,
Nr.822. -
Augustinus,
Predigt
144,
2. -
J.Pieper,
Lieben,
Hoffen, Glauben,
München 1986, S.307. -
Katholischer Erwachsenen-Katechismus,
Bonn 1985, S.250. -
vgl.
4,7. -
11,42. -
Augustinus,
Über die
Gabe der Beharrlichkeit,
17,47;50,641. -
4,6. -
1,45. -
1,47-48.