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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
33. WOCHE - FREITAG

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HAUS DES GEBETES

Christus und der Tempel zu Jerusalem.
Der sakrale Raum und die liturgischen Zeichen.
Die Würde des Kultes im Neuen Bund.

I. In der Lesung1 aus dem ersten Buch der Makkabäer hören wir, wie Judas und seine Brüder, nachdem sie die Feinde geschlagen haben, nach Jerusalem hinaufziehen, um den von den Heiden entweihten Tempel des Herrn zu reinigen und ihn neu zu weihen. Sie zogen zum Berg Zion hinauf unter Liedern, Zither- und Harfenspiel und dem Klang der Zimbeln. Das ganze Volk warf sich nieder auf das Gesicht, sie beteten an und priesen den Himmel. Acht Tage lang feierten sie die Altarweihe und brachten Brandopfer dar. Sie schmückten die Vorderseite des Tempels mit Kränzen und kleinen Schilden aus Gold; sie erneuerten die Tore und auch die Nebengebäude, die sie wieder mit Türen versahen. Im Volk herrschte sehr große Freude; denn die Schande, die ihnen die fremden Völker zugefügt hatten, war beseitigt. Man beschloß, Jahr für Jahr zur selben Zeit den Weihetag zu begehen. So erneuerte das Volk Gottes nach Jahren der Unterdrückung - zusammen mit dem Tempel - seine Frömmigkeit und seine Liebe zu Gott.

Auch im Evangelium2 geht es um die Heiligkeit des Tempels. Jesus betritt das Haus seines Vaters3, und mit heiligem Zorn vertreibt er die Händler, die den Tempel entweihten. Die uns nicht so ganz fremde Situation entstand durch die Vorschrift im Buch Exodus, daß kein Israelit ohne Opfergabe zum Tempel kommen sollte. Um den Weitgereisten die Erfüllung dieser Vorschrift zu erleichtern, hatte sich die Praxis entwickelt, in der Vorhalle des Tempels Verkaufs- und Geldwechselstände aufzustellen. Das Treiben ähnelte mit der Zeit jedoch mehr einer Markthalle als einem heiligen Ort. Eine plausible Praxis war zur Geschäftemacherei verkommen, die zuweilen von den Tempeldienern selbst betrieben wurde.

Der Eifer für dein Haus verzehrt mich - Christus ist von diesem Eifer ganz erfüllt. Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus, dazu die Schafe und Rinder; das Geld der Wechsler schüttete er aus, und ihre Tische stieß er um.5 Und er bekräftigte sein Tun mit dem Wort des Jesaja: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.6 Der Herr kann es nicht ertragen, daß man die Heiligkeit jenes Ortes mißachtet. Um wieviel mehr gilt dies für uns, die wir im christlichen Gotteshaus das eucharistische Opfer feiern und Christus - im Tabernakel wirklich gegenwärtig - anbeten! Der selige Josemaría Escrivá merkt dazu an: »Es gibt eine Etikette der Frömmigkeit. Erlerne sie. Diese >frommen< Leute tun einem leid, die es nicht verstehen, der Messe richtig beizuwohnen, auch wenn sie sie jeden Tag besuchen. Und auch jene, die sich nicht bekreuzigen können und statt dessen ein paar seltsame, hastige Handbewegungen machen. Und jene, die das Knie nicht vor dem Allerheiligsten beugen können - ihre lächerlichen Kniebeugen wirken wie Spott. Und jene, die das Haupt nicht vor einem Madonnenbild verneigen.«7

II. Kirchen werden konsekriert. Dies »ist etwas völlig anderes als, sagen wir, eine Schiffs->Taufe< beim Stapellauf oder die >Einweihung< einer Brücke, eines Autobahnsabschnittes, einer Kegelbahn. Solche Einweihungen bedeuten ja nichts weiter als: Freigabe für den Gebrauch; sie tun also zur Sache selbst nichts dazu. Eben dies macht den Unterschied im Vergleich zur consecratio. (...) Durch die Konsekration wird aus dem Bauwerk etwas, das es vorher nicht schon war; es wird daraus eine Kirche, ein Heiligtum, eine aedes sacra (...). Es bedeutet zunächst, daß sie durch einen eigenen konsekratorischen Akt aus dem Bereich des durchschnittlichen, normalerweise durch Arbeit, Lebenserwerb, Existenzsicherung, durch Nutzung und Gebrauch, überhaupt durch die tätige Realisierung von Zwecken charakterisierten Lebens herausgenommen sei.«8 Das Verhalten in diesem geweihten, vom Alltäglichen abgegrenzten Bezirk ist anders als »draußen« Es drückt, aus dem Inneren kommend, Liebe, Dankbarkeit und Ehrfurcht aus. Selbst bei profanen Feierlichkeiten kann man merken, wie wichtig eine eigene Atmosphäre ist: Sitzordnung und Kleidung, Programmfolge und Schmuck betonen die Bedeutung des Geschehe»s, gleichgültig, ob es sich nun um einen Empfang, eine Parade oder um eine sportliche Veranstaltung handelt.

Auch im Umgang der Menschen miteinander kommt den äußeren Zeichen eine wichtige Funktion zu. Der Mensch braucht sie, denn er ist nicht reiner Geist, sondern hat einen Leib. Natürlich dürfen solche Gesten nicht leer sein: ein Verlobungsring ersetzt die innere Haltung nicht, er drückt sie vielmehr aus. Eine Kniebeuge vor dem Allerheiligsten kann den eigenen Glauben stärken, vielleicht sogar der erste Schritt sein, den Glauben in einem anderen zu wecken. Johannes Paul II. erzählt von seinem Vater: »Die einfache Tatsache, ihn niederknien zu sehen, war von entscheidendem Einfluß in meinen jungen Jahren.«9

»Die Liturgie ist eine Welt heilig-verborgenen, aber immerfort Gestalt werdenden und darin sich offenbarenden Geschehens: sie ist sakramental. Es gilt also vor allem, jenen lebendigen Akt zu lernen, mit dem der glaubende Mensch die >sichtbaren Zeichen unsichtbarer Gnade< auffaßt, empfängt, vollzieht.«10 Das Kreuzzeichen, die Körperhaltung, der Gesang oder der Tonfall der Stimme einerseits, die Kultgegenstände andererseits: der Weihrauch, die Paramente, die heiligen Gefäße, die Kerzen... in alldem soll sich der Glaube ausdrücken. Deshalb wacht die Kirche sorgfältig über die liturgischen Bestimmungen, etwa wenn es um den Altar geht als »Mittelpunkt der Danksagung, die in der Eucharistiefeier zur Vollendung kommt11. Sie machen sichtbar, daß dessen »unsichtbare Sinngestalt (...) zweierlei in sich vereint: einerseits Tisch des kultischen Mahles und anderseits zugleich Opferstein (...), unter welchem Namen - lapis iste - er im offiziellen Ritus der Altarweihe wie auch in der großen Theologie ungezählte Male mit den biblischen Opferaltären der Abel, Abraham, Isaak, Jakob, Moses ausdrücklich verknüpft wird, und natürlich überdies und vor allem mit dem Felsen Christus, dem Opfer schlechthin, und dem Altar des Kreuzes Andere Vorschriften beziehen sich auf den Ambo, an welchern den Gläubigen der »Tisch des Wortes Gottes«13 bereitet wird.

Die Zeichenhaftigkeit der Dinge erfordert das aufmerksame Auge und die innere Wachheit des Empfängers. Dieser wird dann von sich aus erfinderisch werden: etwa beim Betreten einer Kirche als erstes den Herrn aufzusuchen, bevor man sich der Besichtigung zuwendet. Ein anderes Zeichen der Liebe zum eucharistischen Herrn ist es, pünktlich zur Messe zu kommen, und das bedeutet, schon ein wenig früher da zu sein.

III. Die Sorge der Kirche um eine würdige Behandlung der Kultgegenstände hat tiefe Wurzeln. Wir können sie bis in die Vorschriften verfolgen, die der Herr Moses am Berge Sinai gibt. Sie setzen selbst die Einzelheiten für die Herstellung der Bundeslade, des Leuchters, der Zeltdecke, der Vorhänge, des Altares, der Opfergefäße und der Priestergewänder fest.14 Dies drückt die Herrschaft Gottes über sein Volk aus und bewahrt es außerdem vor der Versuchung, die Riten der heidnischen Nachbarvölker nachzuahmen.

Tod und Auferstehung Christi bedeuten das Ende des alten Tempels. Die Evangelisten berichten, »daß im Augenblick von Jesu Tod der Vorhang des Tempels zerriß. Das kann im Sinne der Evangelisten einmal bedeuten, daß der Vorhang weggenommen ist, der bisher das Allerheiligste verhüllte, so daß nun Gottes Huld unverhüllt allen Menschen offensteht: Er, der Gekreuzigte selbst, ist nun das Allerheiligste, das in der Öffentlichkeit der Welt aufgerichtet ist; seine ausgebreiteten Arme sind der offene Gestus der göttlichen Huld, die alle >an sich ziehen< will (vgl. Joh 12,32). Man kann es auch in dem Sinn verstehen, daß damit symbolisch die Zerstörung des Tempels angedeutet ist.«15 Mit Christus endet der alttestamentliche Kult, aber die Vertreibung der Händler aus dem Tempel zeigt, wie der Herr den Eifer für das Gotteshaus zu einem zentralen Punkt im Neuen Bund macht. Und er belehrt uns über die angemessene innere Haltung, um die Gaben Gottes würdig entgegenzunehmen: Gebt das Heilige nicht den Hunden und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor.16

Sakralität wird um so lebensnotwendiger, »je mehr der Absolutheitsanspruch des bloß Nutzenden die gesamte Existenz mit Beschlag zu belegen droht. Desto mehr bedarf der Mensch, um eines wahrhaft menschlichen Lebens willen, dieser Chance, aus dem akustischen und optischen Getöse (kaufe dies, trinke das, iß jenes, wähle den, amüsiere dich hier, demonstriere für oder gegen), aus diesem pausenlosen Angeschrienwerden immer wieder hinaustreten zu können in einen Raum, in welchem Schweigen herrscht und also wirkliches Hören möglich wird und das Vernehmen der Realität, auf welcher unser Dasein ruht und aus der es sich immerfort nährt und erneuert.«17

Auch wenn die Liturgie viele Abstufungen kennt, ist ihr Mittelpunkt klar: »Als Werk Christi und des hierarchisch gegliederten Volkes Gottes ist die Feier der heiligen Messe für die Welt- und Ortskirche wie auch für jeden einzelnen Gläubigen Mitte des ganzen christlichen Lebens Sogar die Bestimmungen über den Bau des Altares wollen dies hervorheben: »Nach altem kirchlichem Brauch und wegen ihrer symbolischen Bedeutung soll die Tischplatte eines feststehenden Altars aus Naturstein sein, und der Tisch ist »mit wenigstens einem Tuch zu bedecken. Ebenso zeichenhaft ist die Vorschrift, »die Eucharistie soll nur in einem einzigen, festen und sicheren Tabernakel aufbewahrt werden.«21 In alldem äußert sich die Liebe zu Christus und der Glaube an seine wirkliche Gegenwart.

Der Kirchturm, die Glocken, der ganze Bau - alles ist Zeichen. An der Schwelle des Christkönigsfestes kann es sinnvoll sein, folgendes zu bedenken: »Was die etwaige Dominanz des Kirchenbaus im Stadtbild betrifft, so ist es ein dem rein soziologischen Denken naheliegender Irrtum, zu meinen, sie könne primär nur etwas zu tun haben mit der gesellschaftlichen oder politischen Stellung der Kirche oder gar mit den konfessionellen Mehrheitsverhältnissen - und nicht vielleicht weit mehr mit dem Glauben an die Königsherrschaft Christi oder mit der Überzeugung, daß in Wahrheit die kultische Mysterienfeier, selbst wenn sie empirisch in der Gefängniszelle oder in der Katakombe begangen wird, als ein wesentlich öffentlicher Akt im Angesicht der gesamten Schöpfung geschieht und in der Mitte der Welt.«22

1 Makk 4,36-37.52-59. - 2 Lk 19,45-48. - 3 vgl. Lk 2,49. - 4 Ps 69,10. - 5 Joh 2,15. - 6 Lk 19,46. - 7 J.Escrivá, Der Weg, Nr.541. - 8 J.Pieper, Über die Schwierigkeit, heute zu glauben, München 1974, S.117-120. - 9 A.Frossard, Fürchtet euch nicht!, München 1982, S.13. - 10 R.Guardini, Von heiligen Zeichen, Mainz 1992, S.11. - 11 Messbuch, Allgemeine Einführung, 259. - 12 J.Pieper, a.a.O., S.123. - 13 II.Vat.Konz., Konst. Sacrosanctum Concilium, 51. - 14 vgl. Ex 25-28. - 15 J.Ratzinger, Dogma und Verkündigung, München 1973, S.271. - 16 Mt 7,6. - 17 J.Pieper, a.a.O., S.131. - 18 Meßbuch, a.a.O., 1. - 19 ebd., 263. - 20 ebd., 268. - 21 ebd., 277. - 22 J.Pieper, a.a.O., S.133.

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